Liquidität ist die Lebensader jedes Unternehmens – besonders in der Unternehmensnachfolge. Controller und Unternehmer in Nachfolgeunternehmen stehen oft vor der Herausforderung, finanzielle Stabilität zu sichern, während sie gleichzeitig Wachstum ermöglichen. Ein zentraler Hebel dafür ist das Working Capital Management.
Was ist Working Capital?
Das Working Capital (Netto-Umlaufvermögen) ergibt sich aus der Differenz zwischen kurzfristigem Umlaufvermögen (z. B. Lagerbestände, Forderungen) und kurzfristigen Verbindlichkeiten (z. B. Lieferantenkredite). Es zeigt, wie viel Kapital im operativen Geschäft gebunden ist – und damit nicht für Investitionen oder Rücklagen zur Verfügung steht.
Warum ist Working Capital Management so wichtig?
Ein effizientes Working Capital Management verbessert die Liquidität, reduziert den Finanzierungsbedarf und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Gerade in Nachfolgeunternehmen, in denen oft noch keine stabilen Bankbeziehungen oder Rücklagen bestehen, kann ein hoher Kapitalbedarf schnell zu Engpässen führen.
Der Geldfluss im Unternehmen – einfach erklärt
Um Umsatz zu generieren, müssen Unternehmen Rohstoffe oder Waren einkaufen. Diese werden verarbeitet oder gelagert – und binden Kapital. Entscheidend ist, wann bezahlt wird:
- Sofortzahlung an den Lieferanten: Das Lager wird mit eigenem Kapital finanziert.
- Zahlungsziel vom Lieferanten: Der Lieferant gewährt einen kurzfristigen Kredit.
Nach der Produktion erfolgt der Verkauf:
- Sofortzahlung durch den Kunden: Das Geld fließt direkt zurück.
- Zahlungsziel für den Kunden: Das Unternehmen gewährt einen Kredit – der Rückfluss verzögert sich.
Zwei Praxisbeispiele im Vergleich
Beispiel 1: Hoher Kapitalbedarf
- Ware wird sofort bezahlt.
- Lagerdauer: 30 Tage.
- Kunde zahlt nach 30 Tagen.
→ Das Unternehmen muss 60 Tage vorfinanzieren. Bei einem Warenwert von 50.000 € und einem Zinssatz von 2 % entstehen jährliche Finanzierungskosten von 1.000 € – sofern keine eigenen Reserven vorhanden sind.
Beispiel 2: Optimiertes Working Capital
- Lieferant gewährt 30 Tage Zahlungsziel.
- Lagerdauer: 30 Tage.
- Kunde zahlt sofort.
→ Das Unternehmen benötigt kein eigenes Kapital, da der Zahlungseingang des Kunden zur Begleichung der Lieferantenrechnung genutzt werden kann.
Kennzahlen für ein effektives Working Capital Management
Zur Steuerung und Optimierung des Working Capital eignen sich folgende Kennzahlen:
- Debitorenlaufzeit (DSO): Wie lange dauert es, bis Kunden zahlen?
- Die Kennzahl ist auch bekannt als „Days Sales Outstanding“ und misst die Ø Laufzeit der Forderungen.
- Die Einheit der Kennzahl ist Tage und gibt an in wie vielen Tagen die Kunden im Schnitt zahlen. Die Zahl sollte möglichst niedrig sein.
Forderungen sind Darlehen an Kunden, was bei Verhandlungen zu beachten ist.
- Kreditorenlaufzeit (DPO): Wie lange wird das Zahlungsziel bei Lieferanten genutzt?
- ie Kennzahl ist auch bekannt als „Days Payables Outstanding“ misst die Ø Laufzeit der Verbindlichkeiten.
- Die Einheit der Kennzahl ist Tage und misst den Zeitraum von Rechnungsdatum oder Rechnungseingang bis zur Zahlung an den Lieferanten. Da Verbindlichkeiten als Lieferantendarlehen betrachtet werden können, sollte die Kennzahl möglichst hoch sein. Die Ausnutzung von Skonto steht dem entgegen.
- Vorratsreichweite (DIO): Wie oft wird der Lagerbestand im Jahr verkauft?
- Die Kennzahl Vorratsreichweite („Days inventory outstanding“ oder Lagerumschlagsdauer) misst die durchschnittliche Reichweite der Lagerbestände.
- Die Einheit der Kennzahl ist Tage und gibt an in wie vielen Tagen der Lagerbestand theoretisch verbraucht wäre. Je niedriger die Lagerdauer ist, desto höher ist der Lagerumschlag und desto geringer die Kapitalbindung im Lager. Dies wirkt sich positiv auf die Liquidität aus und reduziert Bestandsrisiken.
Diese Kennzahlen helfen dabei, Engpässe frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern.
Fazit: Liquidität sichern durch gezieltes Working Capital Management
Ein durchdachtes Working Capital Management ist für Nachfolgeunternehmen kein „Nice-to-have“, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor. Wer Zahlungsziele, Lagerbestände und Forderungen aktiv steuert, sichert nicht nur die Liquidität, sondern schafft auch Spielraum für Wachstum und Investitionen.
Autor
- Florian Fahr