Cashflow optimieren: So steuern Geschäftsführer:innen in Produktionsunternehmen gezielt ihre Liquidität

Die Liquidität ist das Rückgrat jedes Unternehmens. Produktionsunternehmen stehen dabei vor besonderen Herausforderungen: Lagerbestände, Zahlungsziele, Investitionen in Maschinen und häufig eine Finanzierung über Bank- und Gesellschafterdarlehen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie als Geschäftsführer:in die Liquidität Ihres Unternehmens gezielt steuern können – mit praxisnahen Tipps und konkreten Beispielen:

✅ Wie Sie kurzfristig und langfristig planen – und warum beides wichtig ist
✅ Welche Kennzahlen (DSO, DPO, DIO) Sie im Blick behalten sollten
✅ Wie Sie mit kleinen Optimierungen im Working Capital große Wirkung erzielen
✅ Warum Skonto bares Geld wert ist
✅ Wie Sie Liquiditätsreserven sinnvoll verzinsen – ohne auf Flexibilität zu verzichten


Warum Cashflow wichtiger ist als Gewinn

Viele Geschäftsführer:innen schauen zunächst auf die Gewinn- und Verlustrechnung, bzw. die BWA. Doch der Gewinn allein sagt wenig über die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens aus. Entscheidend ist der Cashflow – also der tatsächliche Geldfluss. Denn nur wer liquide ist, kann Löhne zahlen, Material einkaufen und Investitionen tätigen.


Zwei Planungshorizonte: Wochen- vs. Monatsplanung

Ein effektives Liquiditätsmanagement basiert auf zwei Planungsebenen. Die kurzfristige Planungsebene ist hilfreich in Phasen knapper Liquidität. Ist die Liquidität ausreichend und sind die später beschriebenen Kennzahlen in Ordnung, dann kann auf diese Ebene verzichtet werden.

Kurzfristige Liquiditätsplanung (Wochenbasis)

  • Ziel: Sicherstellen, dass das Unternehmen jederzeit zahlungsfähig bleibt, besonders in Phasen knapper Liquidität
  • Zeithorizont: 6–12 Wochen.
  • Fokus: Ein- und Auszahlungen auf Tages- oder Wochenbasis.
  • Typische Inhalte: Zahlungseingänge, Löhne, Lieferantenrechnungen, Kreditraten, Steuern.

Längerfristige Planung (Monatsbasis)

  • Ziel: Strategische Steuerung der Liquidität und frühzeitiges Erkennen von Finanzierungslücken.
  • Zeithorizont: 6–18 Monate.
  • Fokus: Entwicklung des operativen Cashflows, Investitionen, Finanzierung.
  • Typische Inhalte: Umsatz- und Kostenplanung, Tilgungen, Investitionen, Gesellschafterbewegungen (vor allem Ausschüttungen und Darlehen).

Folgende Grafik kann als erste einfache Analyse dienen, um die Planungsgenauigkeit zu überprüfen.

  • Die Linie beschreibt den Plan-Pfad.
  • Die dunklen Balken die IST-Liquidität
  • Die hellen Balken einen Forecast (in diesem Fall nicht geplant)
    • Bewegt sich die IST-Liquidität auf dem Zielpfad und sind Abweichungen in der Ergebnisplanung gering, ist dies ein gutes Indiz für die Planungsgenauigkeit 

Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Liquidität in Produktionsunternehmen

Produktionsunternehmen haben spezifische Liquiditätstreiber:

  • Lagerbestände: Binden Kapital, wenn sie zu hoch sind. Bewertung mittels der Kennzahl DIO (Days Inventory Outstanding)
  • Forderungen: Verzögerte Zahlungseingänge verschlechtern den Cashflow. Bewertung mittels der Kennzahl DSO (Days Sales Outstanding) und einem sauberen Mahnprozess.
  • Verbindlichkeiten (DPO): Kurze Zahlungsziele erhöhen den Liquiditätsdruck. Bewertung mittels der Kennzahl DSO (Days Payables Outstanding). Achtung konkurriert mit der Nutzung von Skonto (siehe Punkt „Skonto“)
  • Investitionen: Maschinenkäufe führen zu hohen Einmalbelastungen oder laufenden Belastungen aufgrund einer Finanzierung
  • Finanzierungsstruktur: Tilgungen und Zinsen belasten regelmäßig.
  • Saisonale Schwankungen: Umsatzschwache Monate müssen überbrückt werden. In Österreich kommt die Zahlung des 13. Und 14. Gehalts hinzu.


Working Capital gezielt optimieren – mit Kennzahlen steuern

Die drei zentralen Stellgrößen im Working Capital Management sind:

1. DSO (Days Sales Outstanding) – Forderungslaufzeiten verkürzen

  • Beispiel: Der DSO liegt bei 45 Tagen. Durch schnellere Rechnungsstellung und konsequentes Mahnwesen wird er um 5–10 % gesenkt – also auf 40 bis 43 Tage. Die Forderungen im Wert von 2 bis 5 Tage werden also schneller beglichen.
  • Effekt: Bei einem Monatsumsatz von 500.000 € werden 17.000–83.000 € früher liquide. 

à Tagesumsatz = 500.000 € / 30 Tage = 16.667 €

à Reduzierung 5% = 2 Tage = 2 x 16.667 € = 33.333 € 

à Reduzierung 10% = 2 Tage = 5 x 16.667 € = 83.333 € 

  • Eine detaillierte Beschreibung der Kennzahl finden Sie unter diesem Link[FF1] .

2. DPO (Days Payable Outstanding) – Zahlungsziele bei Lieferanten nutzen

  • Beispiel: Der DPO beträgt 20 Tage. Durch Verhandlungen wird er auf 21–22 Tage verlängert (5–10 %). Wenn der DPO um 1 bis 2 Tage verlängert wird, bedeutet das, dass Zahlungen später erfolgen und somit Liquidität länger im Unternehmen bleibt.
  • Effekt: Bei monatlichen Materialkosten von 300.000 € ergibt sich ein Liquiditätsgewinn von 10.000–20.000 €.

à Tägliche Materialkosten= 300.000 € / 30 Tage = 10.000 €

à Reduzierung 5% = 1 Tage = 2 x 10.000 € = 10.000 € 

à Reduzierung 10% = 2 Tage = 5 x 16.667 € = 20.000 € 

Hinweis zur Skontonutzung!

  • Wenn Skonto (z. B. 2 % bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen) genutzt wird, erfolgt die Zahlung früher, was den DPO senkt und somit einen gegenläufigen Effekt auf die Liquidität hat. Die Entscheidung hängt also von der Abwägung zwischen:
    • Liquiditätsvorteil durch spätere Zahlung
    • Kostenvorteil durch Skontoabzug
  • Beispiel: Ein Lieferant bietet 2 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen oder 30 Tage netto. Bei einer Rechnung über 50.000 € spart das Unternehmen 1.000 €, wenn es frühzeitig zahlt.
  • Tipp: Skonto entspricht einer Jahresrendite von über 20 % – das lohnt sich fast immer, wenn die Liquidität vorhanden ist.

à Das Warten kostet 2% mehr, das entspricht einem Kredit mit 2% für 20 Tage

à Ein Jahr hat 365 Tage, es ist also möglich diesen Kredit 18,25 mal zu wiederholen 

à 18 x 2% entspricht einem Zinssatz von 36%. Korrekt sind 20% (mathematisch richtig berechnet nach der Zinseszinsmethode)

3. DIO (Days Inventory Outstanding) – Lagerdauer optimieren

  • Beispiel: Die durchschnittliche Lagerdauer beträgt 75 Tage. Durch bessere Bedarfsplanung wird sie auf 68–71 Tage gesenkt (5–10 %). Wenn die Lagerdauer um 4 bis 7 Tage gesenkt wird (von 75 auf 71 bzw. 68 Tage), wird entsprechend weniger Kapital im Lager gebunden.
  • Effekt: Bei einem Lagerwert von 600.000 € werden 32.000–48.000 € Liquidität freigesetzt.

à Tägliche Lagerwert= 600.000 € / 75 Tage = 8.000 €

à Reduzierung 5% = 4 Tage = 2 x 8.000 € = 32.000 € 

à Reduzierung 10% = 7 Tage = 5 x 8.000 € = 56.000 € 


Liquiditätsreserven sinnvoll parken – Tagesgeld statt Girokonto

Die oben ausgeführten Maßnahmen führen dazu, dass mehr Liquidität vorhanden ist. Wird diese Liquidität sinnvoll angelegt, ergeben sich hieraus Zinsvorteile.

Beispiel:

Ein Unternehmen hält 250.000 € als Liquiditätsreserve auf dem Geschäftskonto – dort ohne Verzinsung. Durch die Anlage auf einem Tagesgeldkonto mit 1,5 % Zinsen p. a. ergibt sich:

  • Zinsgewinn: 3.750 € pro Jahr
  • Vorteil: Die Mittel bleiben täglich verfügbar – ideal für kurzfristige Engpässe oder Skonto-Nutzung.


Fazit: Liquidität ist Führungsaufgabe

Für Geschäftsführer:innen in Produktionsunternehmen ist die Steuerung der Liquidität eine zentrale Führungsaufgabe. Wer die kurzfristige Zahlungsfähigkeit im Blick behält und gleichzeitig strategisch plant, kann Risiken frühzeitig erkennen und gezielt gegensteuern. So wird aus der Herausforderung eine Chance – für nachhaltiges Wachstum und unternehmerischen Erfolg.


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